Das Thema neues Fußballstadion wurde in den Karlsruher Medien inzwischen so oft durchgekaut, dass damit befasste Journalisten eigentlich nur noch ein neues Datum in ihre alten Artikel einfügen müssten; alles war schon mal da, alles wurde schon mal gesagt und man fühlt sich als Schreiber fast peinlich berührt, den Leser mit weiteren „Neuigkeiten“ vom Stand des allgemeinen Stillstandes zu behelligen. Aber irgendwie kommt man ja nicht drumrum: Weil die Stadt Karlsruhe wegen der Wirtschaftskrise den Gürtel enger schnallen muss, will Oberbürgermeister Heinz Fenrich im Wildpark jetzt doch kleinere Brötchen backen. Nur noch 30.000 statt den bisher angepeilten 40.000 Sitzplätzen, will Fenrich (CDU) beim Bau einer neuen Fußballarena verwirklichen. Als Grund nannte der die Wirtschaftskrise. Beim KSC wollte man sich auf Anfrage dazu nicht äußern.
Als weiteren Grund nannte Fenrich, dass es im nach der Kommunalwahl neu zusammengesetzten Stadtrat keine Mehrheit für eine größere Variante gebe. Eine Umfrage bei den Fraktionen bestätigte diese Einschätzung allerdings nicht in dieser Eindeutigkeit. Sollten sich CDU und SPD einigen wäre lediglich eine weitere Stimme notwendig. „Wir standen bisher hinter einem Neubau mit 30.000 bis 35.000 Sitzplätzen“, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Florian Furtak, „von daher nähert sich der OB unseren Vorstellungen an“. Furtak räumt allerdings ein, dass man das Stadion-Projekt wegen der angespannten Haushaltslage eventuell neu bedenken müsse. „Es ist alles offen“, wird die Fraktionsvorsitzende Doris Baitinger deutlicher. „Für 2010 hat das Regierungspräsidium vom Gemeinderat ein Konsolidierungskonzept für den Haushalt verlangt.“ Bis dieser vorliegt, stehen alle laufenden Ausgaben auf dem Prüfstand. Das macht Investitionen in die Zukunft nicht einfacher.
„Die finanzielle Lage ist nun mal ein Fakt“, sagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Thorsten Ehlgötz. Erst einmal müssten allerdings die Pläne des Investors Newport, der an der Durlacher Allee ein neues Stadion errichten möchte, auf dem Tisch liegen. „Dann kann man sich Gedanken machen“, sagt Ehlgötz. Die Verwaltung habe den Auftrag mit Newport zu verhandeln. Ergebnisse dieser Gespräche erwartet er für September. „Dann brauchen wir zeitnah die Aussage vom KSC, ob er mit einsteigt“, sagt Ehlgötz. „Wäre der Bundesligist vor anderthalb Jahre auf die Umbaupläne der Stadt eingegangen, hätten wir jetzt schon angefangen“.
Lüppo Kramer von der KAL, die im Gemeinderat über drei Sitze verfügt, zeigt sich vom neuen Vorstoß Fenrichs überrascht: „Für ein Stadion mit 35.000 Sitzplätzen könnte man eine Mehrheit bekommen, drunter sollte man nicht gehen. Meine Fraktion würde das mittragen.“ Wichtig wäre Kramer vor allem, dass 10.000 Variositze, die sich in Stehplätze umwandeln ließen, geschaffen werden. „Damit sich auch junge Leute weiterhin eine Karte leisten können.“
Die FDP möchte weiterhin „die für die Stadt günstigste Lösung“, erklärt Fraktionsvorsitzende Rita Fromm. Favorisiert wird die Zusammenarbeit mit einem privaten Investor. Newport müsse aber endlich sagen was Sache ist: „Absichtserklärungen sind zu wenig“, so Fromm. Weiter müsse der KSC endlich erklären was er will, nicht nur Vorstellungen sondern konkrete Mitarbeit seien gefragt. Auch solle der Bürgermeister Fakten zu seinen Plänen präsentieren. „Es liegt ja nichts vor,“ sagt Fromm. – Die Grünen stehen einem Stadion Um- oder -Neubau nach wie vor ablehnend gegenüber, genauso die Linke.
Enttäuscht aber nicht überrascht von den neuen Plänen ist die Fan-Dachorganisation Supporters: „Es war abzusehen, dass es auf die günstigste Lösung herausläuft, da müssen sich Stadt und KSC gleichermaßen an die eigene Nase fassen“, sagt Tom Beck. „Wir halten in jedem Fall an unserer Forderung nach mindestens 10.000 Stehplätzen fest.“
Nach dieser kleinen Umfrage hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, den Akteuren – oder vielmehr Nicht-Akteuren, denn das Wort impliziert Handeln - mangelt es vor allem an einer fundamentalen Eigenschaft, die es braucht um etwas zu bewegen: Eigeninitiative. Es wird das Fehlen von Fakten bemängelt – sollen andere ihre Pläne erklären oder sagen „was Sache ist“. Aber: Wo sind Tatkraft, Energie, der Wille voranzukommen? Überall Fehlanzeige!
Wie viele Stadien, die in anderen Städten für kleineres Geld als in Karlsruhe wie Pilze aus dem Boden schießen, hat der Gemeinderat bisher besucht? Ein einziges! Das wollte man dann eins zu eins übernehmen. Der SPD-Fraktion fällt als Mittel zur Kostenreduktion nichts anderes als eine geringere Zuschauerkapazität ein. Die FDP fordert den Bürgermeister auf, im Städtetag anzuregen, mit dem DFB über die Auflagen für Stadien neu zu verhandeln. Hätte hier der FDP-Baubürgermeister in den entsprechenden Gremien nicht schon längst tätig werden können? Die Fans des Zweitligisten Union-Berlin haben 140.000 Arbeitsstunden unentgeltlich in den Umbau der Spielstätte ihres Clubs investiert. Könnten die Karlsruher Fanorganisationen nicht wenigstens die maroden Toiletten auf Vordermann bringen wenn sonst niemand dazu in der Lage ist? Fällt dem Traditionsverein um aktuelle sowie potentielle Partner – und vor allem die eigenen Anhänger - zu begeistern nicht mehr ein, als der ewige Sermon, man habe kein Geld und bräuchte mehr Einnahmen? – Dass sich die nicht einmal halbherzig verfolgten Ziele der Beteiligten dann noch unterscheiden, fällt angesichts dieser Fantasielosigkeit kaum noch ins Gewicht.
Donnerstag, 6. August 2009
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Sehr lesenswerter Kommentar. Ich bin eh baff, dass Du jetzt auch ein Blog hast - da werde ich wohl öfter vorbeischauen.
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