Der Pulverdampf beim KSC scheint sich zu legen. Die Fortsetzung der KSC-Mitgliederversammlung verlief im Gegensatz zur von Turbulenzen geprägten Zusammenkunft vom 30. September reibungslos. Dennoch gab es einige Überraschungen: Zunächst gab Präsident Paul Metzger eine Zusammenschau seiner ersten 35 Tage im Amt und gewährte Einblick in sein Seelenleben. Metzger zeigte sich betroffen von der teils harschen Presse- und Mitgliederkritik an seiner Amtsführung. Einige Berichte seien „unter der Gürtellinie“ gewesen und haben seinem Ruf und den des Vereins geschadet, sagte der noch amtierende Bürgermeister von Bretten - wohl im Hinblick auf Vorwürfe, er habe am Abend seiner Wahl „mit schwerer Zunge gesprochen“ oder gebe den Sportclub mit seiner volkstümlichen Art „der Lächerlichkeit“ preis. Allerdings gab sich Metzger auch selbstkritisch: „Ich bekenne mich dazu, dass ich ein Lehrling bin als Präsident eines Profifußballclubs, aber ich kann und werde lernen“.
Hinsichtlich der Finanzsituation des KSC stimmte Metzger die Mitglieder auf ein drohendes Defizit von zwei Millionen Euro in der laufenden Saison ein. Dennoch soll die Mannschaft nach Möglichkeit verstärkt werden. Die Spielerdecke sei zu Dünn, „wir sind zum Handeln verpflichtet“, erklärte Metzger. Angestrebt wird die baldige Verpflichtung von Serhat Akin, der Vereinslose Angreifer trainiert derzeit mit der zweiten Mannschaft. Mittel für weitere Spielerkäufe sollen durch eine baldige Einigung mit dem Rechtehändler Michael Kölmel mobilisiert werden. Im Abstiegsjahr 2000 schloss der mit dem KSC einen Vermarktungsvertrag, der diesem 15 Millionen D-Mark zuführte und so die drohende Pleite abwendete. Mit dem abgetretenen Präsidium Raase kam es zum Streit, über den mit hohen Belastungen - 15 Prozent der Fernseheinnahmen - verbundenen und wegen der unbegrenzten Laufzeit von vielen im Verein als ungerecht empfundenen Deal. Weil der zu Zweitligazeiten klamme Verein erst nicht zahlen konnte – und Kölmel die fälligen Beträge stundete – und nach dem Aufstieg nicht mehr zahlen wollte, sind Rückstände in zweistelliger Millionenhöhe aufgelaufen. Geld, dass der Club zwar auf der hohen Kante hat, aber wegen eines Rechtsstreits mit Kölmel und nach Auflage der DFL nicht ausgeben kann. Der nun ausgehandelte Kompromiss lautet wie folgt: Kölmel erhält zwischen sieben und zehn Millionen Euro sofort, übrige drei Millionen Euro aus den Rückstellungen kann der KSC behalten. Weiter reduziert sich die Beteiligung Kölmels an den Fernsehgeldern von 15 auf 10 Prozent, darüber hinaus erhält der KSC die Option, sich ab 2019 für einen Fixbetrag von 13.6 Millionen Euro aus dem Vertrag freizukaufen. Die ab heute bis zum Stichtag abgeführten Fernsehgelder werden auf diese Summe verrechnet, allerdings läuft die Beteiligung auch nach 2019 weiter, bis der Verein die Option wahrnimmt. In der kommenden Woche wird sich der Verwaltungsrat, der diesem Lösungsvorschlag zustimmen muss, mit dem Thema befassen. Kölmel hat für kommenden Freitag eine „Deadline“ zur Einigung gesetzt, dann würde die für den 20. November angesetzte Gerichtsverhandlung abgesagt. Präsident Metzger warb um die Zustimmung des Gremiums: „Kommt es zur Klage, gibt es wieder schlechte Schlagzeilen, Altvordere werden als Zeugen vorgeladen und es wird über unsere Verlässlichkeit diskutiert werden.“
Angesichts der Millionenbeträge, die ihnen da nur so um die Ohren gehauen wurden, wirkten manche KSC-Mitglieder ähnlich betreten wie Torhüter Jeff Kornetzky nach der 0:4 Heimniederlage gegen St. Pauli. Doch eines sollte klar sein: Bei der Auseinandersetzung mit dem Rechtehändler Michael Kölmel geht es für den Verein im Grunde nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um die Frage, ob der nun auf dem Tisch liegende Kompromiss vorteilhaft oder eher nachteilig ist. Am Anfang steht die Erkenntnis: Wer aus einem unbefristeten Vertrag heraus will, wird dem Vertragspartner eine entsprechende Kompensation leisten müssen. Bleibt zu klären, ob der nun ausgehandelte Preis, denn um nichts anderes handelt es sich hier, günstig oder überhöht ist. Zunächst einmal wäre mit der Zahlung an Kölmel das Problem der Rückstände gelöst. Mit dem Kompromiss wären das Risiko - sofern der Verein den anstehenden Prozess verlöre -, die gesamten Rückstellungen ausbezahlen zu müssen, beendet und zusätzlich drei Millionen mobilisiert. Mit dem zweiten Kompromiss reduzierte sich Kölmels Ertragsanteil um fünf Prozent, auch hier besteht Anlass zur Freude. Bleibt Kompromiss Nummer drei: Hier ist der entscheidende Punkt die zukünftige Ertragslage. Je höher die langfristigen Einnahmen des Vereins, desto preiswerter ist im Prinzip die Rückabwicklung. Was zählt, ist der sportliche Erfolg. Der Vorteil bestünde darin, dass jetzt ein fester Betrag vereinbart wird und nicht 2019 eine Neubewertung stattfindet. Steigt der Verein auf, könnte bis zum Stichtag alles bezahlt sein, spielt er danach International, hätte er Millionen gespart.
Auf der anderen Seite wartet Kölmel seit Jahren auf sein Geld, dass er nun bekommt. Sind die nächsten zehn Jahre Erfolgreich, macht er vielleicht sogar noch ein gutes Geschäft, wenn nicht, hat er zumindest nichts verloren. Sieht ganz nach einer Win-win-Situation aus; und wie oft gibt es das schon im Fußball. Vor Gericht gilt in jedem Fall: nur einer kann gewinnen.
In Anbetracht dieser Entwicklungen geriet der eigentliche Haupttagesordnungspunkt, Neuwahl der beiden Vizepräsidenten beinahe in den Hintergrund. Als Nachfolger der bisherigen Vizes, Rainer Schütterle und Michael Steidl, die beide nicht mehr antraten, wählten die knapp fünfhundert Mitglieder Ex-Profi Arno Glesius und Verwaltungsrat Rolf Hauer. Der ehemalige KSC-Sicherheitsbeauftragte Ulrich Jäck konnte sich nicht durchsetzen.
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