“Das einzige was bei mir steif wurde, war mein Hals,” lautete kurz und Bündig das Resümee des Freundes nach gemeinsamem Besuch der neu eröffneten Karlsruher Hooters-Filiale. Zur Erklärung: Hooters ist eine amerikanische Systemgastronomiekette, bei dem es zum schnellen Burger auch noch schnelle Mädchen dazu gibt. „Welcome to Hoooootaaaaahs“, - Hooters heißt übrigens nichts anders als Hupen - rufen die vollbusigen Animateusen der Cheerleader-Liga sobald der Gast den Laden betritt und sorgen mit allerlei Tatü-Tata wie Tanzeinlagen und sexy Arbeitskleidung bestehend aus engen Shorts und tief ausgeschnittenem Tank-Top für Appetit beim männlichen Publikum. Das ganze verläuft in betont lockerer Party-Atmosphäre und im Grunde bar jeder Anrüchigkeit. So kennt man es aus den USA. Der Ami, wie Opa zu sagen Pflegte, wandelt ja - moralisch eher solide – stets auf dem schmalen Grad zur Prüderie, ist aber einer guten Show immer zugeneigt.
Dass ein solches Konzept in Karlsruhe aufgehen könnte, war schon im Vorfeld stark zu bezweifeln. Um in Fußballmanagerdiktion zu wechseln: aus Mangel an richtigem Menschenmaterial. Die Kaiserstrasse ist bekanntermaßen nicht der Sunset-Boulevard und entsprechend ernüchternd das Grazienaufgebot. Doch dazu später. Zunächst einmal würde man sich sogar mit einem Mann bescheiden, nähme nur endlich jemand die Bestellung entgegen. Endlich taucht doch noch eine Angehörige des Servicepersonals auf: Svetlana (Name geändert) ist heute für uns zuständig. Deshalb schreibt sie ihren Namen auf einen Zettel und legt ihn auf den Tisch. Sicher ist schließlich sicher. Gehört das zum hootersüblichen Procedere, oder schließt das Mädchen von seinen geistigen Fähigkeiten auf die anderer? Der weitere Verlauf lässt letzteres befürchten.
Wäre die Luft je von Erotik erfüllt gewesen, spätestens als sich Svetlana an unseren Tisch setzt um Konversation zu betreiben – zwei alte Musikerkollegen hat so eine Aktion einmal 400DM gekostet, aber das war wohlgemerkt auf der Reeperbahn und die Dame jeden Pfennig wert, heute waren es wenigstens nur 8.50€ für ein lätschiges Sandwich – machte Kupido eine krachende Bauchlandung,. Wann ich mir denn das Bein gebrochen habe, fragt Svetlana. Nun liefe ich als überzeugter Stiefelträger schuhwerkbedingt vielleicht etwas unrund, aber ihre Interpretation ginge doch etwas zu weit, sage ich. Wozu dann die Krücke notwendig sei, hält die Kellnerin leicht gekränkt entgegen. Des Rätsels Lösung: es handelte sich nicht um eine Krücke sondern um einen Mikroständer – man könnte dieses Gerät vielleicht im weitesten Sinne als Gehhilfe des Vokalisten bezeichnen, klassisch ausgebildete Sänger stimmten hier sicherlich zu, aber so meandernd wird Svetlana vermutlich nicht gedacht haben. Sicher nicht. Erst nach einer anhaltenden interrogativen Tour de Force über Tattoos, Vegetarismus und Ex-Partner, gelingt es die hartnäckige Gesellschafterin vor der völligen geistigen Insolvenz zu bewahren. Wir hätten noch wichtige geschäftliche Dinge zu besprechen, sage ich ihr. Mein Freund, ein Rocksänger übrigens, dem ich seine stimmliche Gehhilfe zum Tragen abgenommen hatte, zeigte sich von den Vorgängen sichtlich erschüttert: „Darüber lachen wir in 20 Jahren, aber erst in 20 Jahren,“ war sein Fazit. Ach ja, sein Konzert am nächsten Abend konnte er nur unter ziemlichen Schmerzen absolvieren. Vom Sitzen im zugigen Eingangsbereich war sein Hals ganz steif. Ohne Krücke hätte er wohl kaum durchgehalten. (mex)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Guck mal hier:
AntwortenLöschenhttp://enpunkt.blogspot.com/2009/11/tanzende-madels-und-dicke-burgers.html
Zu Deinem Komentar bei N. Keine Sorge, ich betrachte Deinen Einsatz als journalistisch motivierten Selbstversuch, um unter Missachtung aller Gefahren Im Interesse Deiner Leser einen sehr guten Beitrag zu erschaffen! :-)
AntwortenLöschen